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PM zur Aussperrung im Betonwerk Westerwelle in HF von BRSD

Zur Aussperrung von Arbeitern und Verhinderung einer Betriebsratswahl im Betonwerk Westerwelle in Herford sagt der Bund der religiösen Sozialisten Deutschlands (die auch Mitglied im attac-Netzwerk sind):

Die Neue Westfälische Herford meldet am 1. Mai 2010: „Trotz fristloser Kündigung und Hausverbots mehrerer Kandidaten ist im wochenlang bestreikten Herforder Betonwerk Westerwelle ein Betriebsrat gewählt worden. Am Morgen hatten sich per Eilverfahren vor dem Herforder Arbeitsgericht fünf mit Hausverbot bedachte Kandidaten kurzfristig Zutritt zum Betrieb verschafft.

Das Gericht, das einen Vergleich einleitete, bezeichnete das Vorgehen der Geschäftsführung in der Rechtsprechung als beispiellos. Der Arbeitskampf um einen Haustarifvertrag für die mit 8 Euro entlohnten Betonarbeiter geht derweil weiter.“
 Vor drei Wochen hatte der Familienbetrieb im Streit um die Stundenlöhne bereits sechs der 40 Mitarbeiter entlassen, die in eine Tarifkommission gewählt worden waren. Durch den Einsatz von Zeitarbeitskräften hatte die Unternehmensleitung versucht, den Streik zu brechen.

Dazu ist folgendes zu sagen:

Arbeitskämpfe dürfen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht geführt werden (§ 74 BetrVG). Die Mitglieder des Betriebsrats dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden (§ 78 BetrVG).

Die Behinderung der Betriebsratswahl in dieser Form kommt also einer Straftat gleich.

Darüber hinaus ist die Behinderung von Betriebsratswahlen und Aussperrung der Arbeiter im Zusammenhang damit eine Absage an die Mitbestimmung von Arbeitnehmern in Betrieben, die Bestandteil unserer Rechtsordnung ist. Die Rechtsordnung sollte unter dem Leitbild einer herrschaftsfreien Sozialordnung stehen, d.h. die Beteiligten sollten sie selbstverantwortlich gestalten, Freiheit und Gleichheit unter den Voraussetzungen arbeitsteiliger Produktionsweise sollten so verwirklicht werden. Das Verhalten der Firma ist jedoch ein Rückfall in brutale Formen des Kapitalismus, der sein hässliches Gesicht z.B. so zeigt: Niedrige Löhne bei schwerer Arbeit, willkürliche Behandlung, Verweigerung von Mitbestimmung, Erfolgsbeteiligung Beteiligung am Produktivvermögen. Eine Entlohnung, die zur Existenzsicherung nicht ausreicht, ist als sittenwidrig zu verurteilen. Mitbestimmung ermöglicht Mitverantwortung und partnerschaftliche Zusammenarbeit. Verhinderung von Betriebswahlen, verbunden mit Entlassungen und Aussperrung kommen dagegen einem Klassenkampf von oben gleich.

Der BRSD protestiert gegen solches Unrecht und verweist alle Christinnen und Christen  auf die Mahnungen zur Gerechtigkeit, die die ganze Bibel, besonders die Botschaften der Propheten und Jesu Christi selbst, durchziehen. „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben.“, Sprüche Salomos 14, 34

 

Der Bund der Religiösen Sozialisten fühlt sich durch Akte des Unrechts wieder erinnert an seinen Aufruf vom 10. Februar 1928 gegen die Aussperrung der Metallarbeiter, die damals 800 000 Arbeiter traf und über drei Millionen Menschen brotlos zu machen drohte. Der Bund hatte damals erklärt:

„Der Bund der religiösen Sozialisten Deutschlands fordert alle gläubigen Christen auf, zu protestieren gegen diesen brutalen Akt des Klassenkampfes von Seiten der Unternehmer.

Er klagt die bestehende kapitalistische Ordnung an, die christliche Maßstäbe im Wirtschaftsleben unmöglich macht und um des Profites willen Leib und Seele von Millionen Brüdern und Schwestern, Kindern und Säuglingen verelendet und vernichtet. Der Bund der religiösen Sozialisten fordert die christlichen Kirchen auf, ihre Stimme zu erheben gegen die Aussperrung der Metallarbeiter, für eine ausreichende Erhöhung der Löhne.“

Gegenwärtig wird Arbeit schamlos ihrer Rechte und Würde beraubt. „Armut trotz Arbeit – das ist ein Skandal. “ Ein Mindestlohngesetz muss das verhindern, Mitbestimmung, Kündigungsschutz und Tarifhoheit müssen gesichert werden. „Prekäre Arbeit“, Befristung von Arbeitsverhältnissen schaffen ein „Industrie-Nomadentum“, behindern  die Lebens-Planung und die Familiengründung. Während die Einkommen und Vermögen der Reichen und die Gewinne der Konzerne geschont werden, während die Kosten für die Rettung der Banken, die infolge von Spekulation zusammengebrochen sind, allen Bürgern und Bürgerinnen aufgebürdet werden, werden die persönlichen Risiken wie Krankheit, Pflege, Alter,  aber auch die gesellschaftlichen wie Arbeitslosigkeit aus der sozialstaatlichen Solidarität „outgesourct“  und privater Vorsorge überlassen. Die Kirchen müssen jenen roten Faden der Kapitalismuskritik, wie er sich in der katholischen Soziallehre und den Sozialworten beider Kirchen  (Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit 1997) findet, aufgreifen und weiterspinnen. Sie müssen den „Primat der Politik „ gegenüber dem Markt einfordern. Steuergerechtigkeit und Solidarität sind „als politische Sofortmaßnahmen“ zu definieren. „Ein neues Sozialwort muss unverblümt vorgehen gegen Korruption und Selbstbereicherung. Die Kirchen müssen klipp und klar bekennen: Kapitalismus ist Sünde…Die Wirtschaft ist kein Bereicherungsinstitut für wenige. Wir sind immer noch eine Werte und keine Wertpapier-Gesellschaft!“ „Anwaltschaft und Prophetie“ ist nötig. Als Anwalt der Armen kann die Kirche „die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes“ sichtbar machen. Alle Christinnen und Christen sollten sich dafür einsetzen, dass Demokratie nicht vor den Werks-Toren Halt macht.

Dr. Reinhard Gaede, www.BRSD.de