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Rezension der Informationsveranstaltung der Grünen mit Sven Giegold zur Eurokrise

Der Europaparlamentarier Sven Giegold (und langjähriges Attac Kokreis-Mitglied) hat bei dem politischen Frühstück der Grünen am 9.10.2011 über die Eurokrise und die Auswege daraus aus Grüner Sicht referiert.

Zuerst hat Sven Giegold mit über die Ursachen der Finanzkrise 2007/2008 referiert, welche zum Teil die Eurokrise mit verursacht haben. Danach ist er auf die spezifisch Europäischen Probleme eingegangen um dann zum Schluß Lösungvorschläge zu machen.

Die Finanzkrise 2007/ 2008 hat nach Meinung von Sven Giegold drei Hauptursachen. Erstens hat sich von 1980 bis heute weltweit das ursprünglich gleichgroße Verhältnis vom Anlagenvermögen gegenüber dem Bruttosozialprodukt vervierfacht. Zweitens hat wegen zu niedriger Zentralbankzinsen die weltweite Verschuldung zugenommen. Drittens haben die Leistungsbilanzungleichgewichte (Die Leistungsbilanz ist im Prinzip die Differenz zwischen Import und Exporten, bei mehr Importen als Exporten gibt es ein Leistungsbilanzdefizit) zugenommen. Wobei vor allem die Ölländer, China, BRD und die Schweiz Überschüsse erwirtschaften, wohingegen die USA das größte Leistungsbilanzdefizit hat.

In Europa speziell hat sich die Finanzkrise zu einer Eurokrise entwickelt, weil es zwar einen Währungsraum aber keine gemeinsame Wirtschaftsregierung gibt. Die einzige Grundlage ist die Schuldenbremse, d.h. das die Mitgliedsstaaten keine höheren Staatsschulden als 60 % des BIP haben dürfen. Real liegt der Durchschnitt der Staatsverschuldung bei ca 80 %, wobei die BRD im Durchschnitt ist. Dies liegt daran, dass es bis jetzt keine funktionsfähigen Sanktionsmechanismen dagegen gab (inzwischen wurden Richtlinen dazu im Europa Parlament verabschiedet). Desweiteren hat Griechenland für seine Aufnahme in den Euroraum die Statistiken gefälscht. Dieses war nach Auffassung von Sven Giegold allerdings keine wirkliche Fälschung, da die verantwortlichen in den EU-Gremien davon wussten. Dieses hat er persönlich von einem damaligen Gremienmitglied erfahren. Die mangelnde gemeinsame Wirtschaftspoltik führt dazu, dass im Euroraum die Lohnstückkosten sehr unterschiedlich steigen konnten. Während es in vor allem in Griechenland, aber auch Spanien, sehr hohe Lohnstückkostensteigerungen gab, sind diese in der BRD recht gering ausgefallen. Wohingegen die Inflation, auf Grund der Währungsunion, in allen Ländern gleich hoch war. In einer geschlossenen Wirtschaft passt sich die Inflation an die Lohnstückkostenentwicklung an, da es aber im Euroraum keine einheitliche Lohnentwicklung wegen der fehlenden gemeinsamen Wirtschaftspolitik gibt, hat dieses zu einem Missverhältniss geführt.

Für die akute Eurokrise macht Sven Giegold vier egoistische Tendenzen im Euroraum verantwortlich. Ersten haben einige Länder den Finanzmarkt extrem dereguliert um sich dadurch einen Vorteil gegenüber den anderen Ländern des Euroraumes zu sichern. Dazu gehören Irland und Luxemburg. Zweitens die Staaten, welche als Steueroasen fungieren. Dazu gehören vor allem Österreich, Luxemburg, die Niederlande und Irland. Drittens die Staaten, welche nichts gegen das Wachstum durch die Immobilienblase unternommen haben. Dazu gehören vor allem Spanien und Italien. Und als viertes sieht er die Handelsbilanzüberschussländer als Egoisten an, da sie ihren Export durch Lohnzurückhaltung gesteigert haben. Dazu gehört vor allem die BRD.

Als grüne Reformschläge für die Lösung der Krise hat er dann folgende vorgestellt. Einmal systemrelevante Banken nicht mehr systemrelevant zu machen. Was heißt, dass die Banken verkleinert werden müssen. Wichtig sei die Einführung von Eurobonds (bonds ist der englische Name für Wertpapiere). Diese könnten von der Europäischen Bank für Investitionen herausgegeben werden. Dabei würden nur Eurobonds zu günstigen Zinsen bei Schulden unter 60 % des BIP herausgegeben. Für Schulden über 60 % des BIP würden kein Eurobonds mehr vergeben. Auch müssten grüne Investitionen gefördert werden. Desweiteren müssten die Leistungsbilanzdefizite abgebaut werden.

Bei den anschließenden Fragen kam noch der Einwand von einem Grünen-Mitglied, der gefragt hatte wieso die Grünen nicht die Austeritätsprogramme im Euro-Rettungsschirm EFSF für Griechenland kritisieren würden. Sven Giegold hat daraufhin gemeint, da in Griechenland jahrelang die Löhne unverhältnismäßig gestiegen seien, wäre es unumgänglich, das dort die Lohnstückkosten gesenkt werden. Die Partei die Linke wäre populistisch, wenn sie dieses, wie z.B. bei der Abstimmung zum EFSF anprangern würde.

Da hat Sven Giegold allerdings nicht so ganz die Wahrheit gesagt. Die Linke mag zwar teilweise populistisch argumentieren (obwohl hier in diesem Positionspapier nicht gerade), wenn sie vor allem die Banken anprangert. Allerdings stößt das griechische Austeritätsprogramm bei allen Keynesianischen Wirtschaftswissenschaftlern auf Kritik. Denn dieses führt zu einem Kaputtsparen, da die Nachfrage, wegen der Lohnsenkungen, zurückgeht (vgl www.nachdenkseiten.de und www.sueddeutsche.de). (rh)

Links als Ergänzung:

Zum EFSF ist aufschlußreich die Stellungnahme des Ökonomieprofessor Rudolf Hickel, welche er für den Haushaltsausschuss des Bundestages angefertigt hat:

Stellungnahme Prof Rudolf Hickel Universitaet_Bremen (pdf)

Eine gute Erklärung welche Auswirkungen das Leistungsbilanzungleichgewichte haben und welche Mitschuld sie an der Eurokrise haben, bietet der Artikel „Das absurde Deutsche Exportmodell“ von Gunter Grunert in Politik unterrichten:

Das absurde Deutsche Exportmodell (pdf)